Case Studies zum Value Investing

Zuletzt aktualisiert & geprüft: 16.11.2020


Im Buch des Fondsmanagers Guy Spier – auf Deutsch unter dem Titel „Die Value Investor Ausbildung“ erschienen – las ich vor kurzem die vier enthaltenen „Case Studies“ mit Interesse. Denn die zeigen deutlich, was für psychologische Fallen sich auch für Value Investoren ergeben.

Guy Spier ist der Managing Partner von Aquamarine Capital. Dieser Value orientierte Fonds zeigte in den letzten Jahren eine gute Performance. Guy Spier ist eine schillernde Persönlichkeit, welcher laut eigener Aussage auch ethische Werte in seine Arbeit mit einfließen lässt.

Diese „Case Studies“ – ich nenne diese auf gut Deutsch hiermit „Fallstudien“ – zeigen z.B., was sich am Verhalten des Managements ablesen lässt.
Konkret wird im Buch der Fall der EVCI Career Holdings Corporation genannt. Ein relativ kleines US-Unternehmen aus dem Bildungssektor, in welches Guy Spier laut eigener Aussage Anfang des Jahrtausends investierte. Dem Buch zufolge steckte er im Juni 2003 eine Million US-Dollar in die Firma – nach 18 Monaten waren diese zu 7 Millionen US-Dollar geworden.

Wie aus einer Million sieben Millionen wurden…zunächst…

Gewinne laufen lassen? Guy Spier beobachtete dies: Sowohl der Aktienkurs als auch der Firmengewinn waren um ca. das Siebenfache gestiegen. Aber immer noch waren die Betriebseinnahmen relativ gering, gerade einmal 3,5 Millionen US-Dollar.
Hier war es entscheidend, wie das Management auf die Verbesserung des Geschäftsfeldes reagierte. Laut Spier so: Der CEO ließ sich das Grundgehalt von 326.000 auf 621.000 US-Dollar erhöhen, das Gehalt des Präsidenten stieg von 267.000 auf 483.000 US-Dollar.
Damit verdienten diese beiden Manager nun rund ein Viertel der Betriebseinnahmen der Firma.

Case Studies zum Value InvestingGuy Spier: Die Value Investor Ausbildung. Quelle: Finanzbuchverlag

Guy Spier als Großaktionär schrieb dem Management einen Brief, in dem er das anprangerte. Das gefällt mir: Denn Aktionäre sind die Eigentümer der Unternehmen – die Manager die Angestellten! Diese Sichtweise ist hierzulande leider oft etwas in Vergessenheit geraten, so mein Eindruck.
Nachdem das Management den Brief von Guy Spier zunächst ignoriert hatte, kam es zu einem Treffen von Spier mit dem CEO. Dieser schrie ihn demzufolge in einem öffentlichen Restaurant an, für wen er sich eigentlich halten würde etc.

Der weiche Faktor „Management“

Hier zeigt sich, dass auch beim Value Investing der Faktor „Management“ durchaus mit berücksichtigt werden sollte. Denn hier hatte das Management gezeigt, dass ihm eigene finanzielle Vorteile durchaus wichtiger waren als das Wohl der von ihnen gemanagten Firma.
Guy Spier wartete noch ab – verkaufte dann, nachdem sich der Aktienkurs halbiert hatte vom Hoch (was ihm immer noch einen Millionengewinn ließ). Seine Lehre war es, die Lebensumstände des Managements unter die Lupe zu nehmen. Offensichtlich war der CEO in einer schwierigen Scheidung. Das belastet – und in seinem Fall war dies vielleicht mitverantwortlich für sein Verhalten.
Hier geht es nicht um Schuld, sondern darum, zu prüfen, ob das Management eines Unternehmens eigene Ziele verfolgt – oder als Priorität hat, Mehrwert für die Aktionäre zu schaffen. Letzteres ist für Value Investoren optimal.