Clinton versus Trump – und die Börsen

Zuletzt aktualisiert & geprüft: 18.01.2021


Diese Aussage ist wohl keine Übertreibung: Unmittelbar vor der US-Präsidentschaftswahl ist diese DAS Thema, das derzeit die Börsen rund um den Globus bewegt. Denn nicht nur an der Wall Street schauen die Anleger geradezu gebannt auf den Wahltermin am 8. November 2016 – sondern auch im europäischen und asiatischen Handel ist dieser Termin fest „eingelockt“ in der Wahrnehmung der Anlegerinnen und Anleger. Natürlich kann auch ich nicht die Zeitungen vom 9. November mit den Kommentaren zum Wahlausgang bereits jetzt lesen – sprich, der Wahlausgang ist zum Zeitpunkt des Verfassens dieses Beitrags offen. Und das „Brexit“-Votum der Briten erinnert uns mahnend daran, dass auch scheinbar sichere Wahlergebnisse keineswegs „sicher“ sein müssen. Letztlich entscheiden schließlich die Wähler, und trotz noch so guter Prognosen handelt es sich eben um millionenfache, individuelle Entscheidungen. Genau das macht den Wahlausgang so spannend.

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Was wir aber können: Prognosen im Hinblick auf mögliche Szenarien im Hinblick auf die Auswirkungen auf die Börsen erstellen. Zu was würde ein Wahlsieg Clintons wahrscheinlich führen, was könnte ein Wahlerfolg von Trump möglicherweise bewirken? Um diese möglichen Auswirkungen der US-Präsidentschaftswahlen im Hinblick auf die Finanzmärkte geht es in diesem Beitrag. Jetzt der Blick auf die Details:

Clinton versus Trump: Ein Vorgeschmack?

Eine höchst interessante Entwicklung sahen wir meiner Ansicht nach zu Wochenbeginn an den asiatischen Aktienmärkten, dem Devisenmarkt und dem Futures-Markt. Denn diese Märkte bzw. die dort aktiven Trader konnten bereits vor dem Montag-Handelstag an der Wall Street auf eine aktuelle Entwicklung reagieren. Und diese Reaktion war durchaus aufschlussreich. Um was es geht: Am Wochenende hat das FBI mitgeteilt, dass es keine strafbaren Handlungen von Hillary Clinton sieht und dass deswegen keine entsprechenden Ermittlungen gegen die Präsidentschaftskandidatin der Demokraten aufgenommen werden. Es ging da um die sogenannte „Email-Affäre“ Hillary Clintons.
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Die Email-Affäre Hillary Clintons

Hillary Clinton wird vorgeworfen, während ihrer Zeit als US-Außenministerium Tausende Emails mit teils geheimen Informationen über ihren privaten Email-Server verschickt zu haben. Diese Tatsache an sich ist wohl erwiesen. Das war wohl kaum professionell – aber nicht strafbar, wie das FBI bzw. das US-Justizministerium im Sommer feststellten. Nachdem danach weitere Emails aufgetaucht waren, bestand die Wahrscheinlichkeit, dass das FBI nun Ermittlungen gegen Hillary Clinton aufnehmen würde. Das hätte die Präsidentschaftskandidatin stark beschädigen können. In diesem Kontext ist nun die Aussage des FBI vom Wochenende zu sehen, dass auch die neuen Emails nicht als strafbare Handlungen gesehen werden.
Mehr zum Thema „FBI und die Emails von Hillary Clinton“ finden Sie in diesem Artikel des SPIEGEL: FBI findet keine Hinweise auf strafbare Handlung Clintons

Die Reaktion darauf, dass diese Affäre keine strafbare Handlung war

Für diesen Beitrag interessant ist nun natürlich die Reaktion der Marktteilnehmer auf die Nachricht „FBI sieht keine strafbare Handlung von Hillary Clinton“. Ich möchte das etwas strukturieren. Es gab mindestens zwei Möglichkeiten:

  1. Das FBI sieht im Verhalten von Clinton eine strafbare Handlung. So kurz vor der US-Präsidentschaftswahl wäre das sehr wahrscheinlich schlecht in Bezug auf die Siegchancen von Hillary Clinton bei der US-Präsidentschaftswahl gewesen.
  2. Das FBI sieht KEINE strafbare Handlung in Clintons Verhalten. Das würde genau das Gegenteil bedeuten: Dieser potenzielle starke Belastungsfaktor für die Siegeschancen von Hillary Clinton bei der US-Präsidentschaftswahl würde wegfallen.

Und wie reagierten nun die Trader und Investoren an den asiatischen Börsen, am Devisenmarkt und an den Futures-Märkten auf diese Neuigkeit? Und zwar direkt Montag früh mitteleuropäischer Zeit (wo in Asien bekanntlich normal gehandelt wird)? So:

Reaktion an den Märkten: US-Dollar und US-Aktien nach oben!

Am Devisenmarkt machte der US-Dollar umgehend einen Sprung nach oben, sprich er wertete auf. Gegenüber dem Yen stieg der Dollar um über ein Prozent. Und auch gegenüber dem Euro machte der Dollar deutlich Boden gut. Montag gegen Mittag notierte der Dollar gegenüber dem Euro im Bereich 1,1070.
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Asien und Australien: Aktienbörsen legen zu

erfahrungen_schreibenDie Aktienkurse zogen nach dieser Nachricht generell an. Bekanntlich öffnen die US-Börsen zeitlich erst später als die asiatischen Börsen – aber im Futures-Handel gab es für den S&P 500 Zugewinne von über 1%. Das war vor allem deshalb bemerkenswert, da es bei US-Aktien mehrere Handelstage in Folge per saldo Verluste gab. Bei den asiatischen Aktien gab es auch Zugewinne im Bereich von 1%. So legten japanische Aktien 1,2% zu. Auch in Australien wird „früh“ gehandelt, und da lagen die Zugewinne in ähnlichen Kursregionen.

Die Handelsvolumina blieben allerdings recht dünn

Interessanterweise sollen die Handelsvolumina aber keineswegs besonders hoch gewesen sein, eher im Gegenteil. Das spricht dafür, dass wir diese Signale auch nicht überbewerten sollten (allerdings sind es immerhin Signale!). Offensichtlich stehen viele Marktteilnehmer(innen) weiterhin gewissermaßen „Gewehr bei Fuß“ und nehmen eine abwartende Haltung ein. Wer erst nach dem Bekanntwerden des US-Wahlergebnisses einsteigt (ob long oder short) mag zwar vielleicht die ersten Kursbewegungen verpassen – hat dafür aber dann mehr „Sicherheit“ in Bezug auf den Faktor US-Präsidentschaftswahl.

Risikoappetit erhöht bei Sieg von Hillary Clinton?

Ein interessanter Aspekt war auch dies: Nach der besagten Nachricht, dass das FBI keine kriminelle Handlung in Clintons „Email-Affäre“ sieht, nahm der Risiko-Appetit der Anleger(innen) zu. Dies lässt sich daran messen, wie stark vermeintlich „sichere Häfen“ wie Gold, US-Staatsanleihen oder auch Bundesanleihen nachgefragt werden.
Und da zeigte sich bei den Futures auf 10jährige US-Staatsanleihen im elektronischen Handel ein Kursrückgang. Und auch der Goldpreis kam deutlich zurück: Gegen Montag Mittag hieß es da rund 1,3% Minus (bzw. knapp 17 Dollar Minus) auf rund 1.288 Dollar je Feinunze Gold. Das ist ein klares Anzeichen dafür, dass die „sicheren Häfen“ weniger stark nachgefragt sind.

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Großer Gewinner am Montag: der mexikanische Peso

Eine Hürde auf dem Weg zur Präsidentschaft von Hillary Clinton ist weggeräumt? Das beflügelte am Montag ganz klar den…mexikanischen Peso! Ein Wahlsieg von Donald Trump wird laut Annahme einiger Marktbeobachter dazu führen, dass z.B. die Grenzen gegenüber Mexiko stärker kontrolliert bzw. geschlossen werden. Insofern war es für den Peso „bullish“, dass das FBI keine kriminelle Handlung in der Email-Affäre von Hillary Clinton sieht. Die Folge: Der mexikanische Peso ist zuletzt auf den höchsten Stand seit immerhin rund 10 Tagen geklettert.

Die Botschaft von Montag früh/Vormittag ist also meiner Ansicht nach diese:

Auf eine Nachricht hin, die „bullish“ für die Siegesaussichten von Hillary Clinton ist, wird so reagiert:

  • „Sichere Häfen“ sind weniger gefragt. Das bedeutet, die Kurse von US-Staatsanleihen, Bundesanleihen und Edelmetallen verlieren an Wert.
  • Hingegen steigt der US-Dollar
  • Und auch US-Aktien steigen

Im Fall einer Hängepartie könnten „sichere Häfen“ profitieren

Genau dieses Szenario halte ich deshalb auch wahrscheinlich für den Fall, dass die US-Präsidentschaftswahlen einen Sieg der Kandidatin Hillary Clinton bringen werden. Und zwar meine ich damit einen „eindeutigen Sieg“. Denn wer weiß schon, ob es eine „Hängepartie“ mit knappen Wahlausgängen in einigen US-Bundesstaaten geben wird. Dann könnten die betroffenen Parteien bzw. Kandidaten/Kandidatin vielleicht eine Neuauszählung der Stimmen verlangen. So etwas wäre dann aus Sicht der Börsen eine Fortsetzung der „Unsicherheit“ und könnte tendenziell dazu führen, dass die vermeintlichen „sicheren Häfen“ verstärkt nachgefragt werden.

Politische Börsen haben kurze Beine?

Generell sollten wir auch nicht vergessen: Das Sprichwort „Politische Börsen haben kurze Beine“ ist nicht ohne Grund entstanden. Was liest man vor Präsidentschaftswahlen wie der derzeitigen nicht alles an möglichen Folgen eines Wahlausgangs. So las ich z.B. eben, dass es im Falle eines Wahlsiegs von Donald Trump nicht nur weniger Einwanderer (in die USA) geben könnte, sondern auch mehr Auswanderer (US-Amerikaner, die ihr Land wegen des Präsidenten verlassen). Hier finde ich, dass vielleicht der Einfluss des Präsidenten oder der Präsidentin überschätzt wird. Eine Entscheidung zur Auswanderung von der Person des Präsidenten bzw. der Präsidentin abhängig zu machen, erscheint mir kaum für eine große Anzahl von Menschen relevant. Und was die Aktienbörsen betrifft:

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Die US-Wahl ist letztlich einer von vielen Einflussfaktoren

Natürlich, die US-Präsidentschaftswahl ist derzeit ein wichtiger Faktor. Aber sie ist eben nur ein und nicht der alles entscheidende Faktor für Aktienbörsen und Terminmärkte und Devisenmärkte. Es spielen auch noch zahlreiche andere Faktoren eine Rolle. Denken wir nur an die Geldpolitik der Fed. Wird diese im Dezember die Leitzinsen um 25 Basispunkte erhöhen? Und wenn ja, was werden ihre Aussagen für 2017 sein? Wird es dann Schlag auf Schlag weitere Zinsschritte gen Norden geben? Wird die Rendite der US-Staatsanleihen mitziehen? Und dann die US-Aktien:

S&P 500-Unternehmen: Gewinnanstieg in 2017?

gebuehrenUnabhängig vom Ausgang der aktuellen US-Präsidentschaftswahlen spielt bei den US-Aktien (wie bei Aktien generell!) natürlich auch die Höhe der Bewertungen eine Rolle. Wie wird sich der Gewinn pro Aktie bei den US-Aktiengesellschaften entwickeln? Eben las ich im Handelsblatt, dass für 2017 bei den 500 im S&P enthaltenen US-Aktiengesellschaften ein Anstieg des Gewinns von 13% prognostiziert wird. Ein zweistelliger, marktbreiter Anstieg des Gewinns, das kann sich doch sehen lassen. Und wie wird sich der Gewinn pro Aktie entwickeln? Vielleicht könnte der sogar noch stärker steigen, wenn sich die Zahl der umlaufenden Aktien verringert, weil US-Unternehmen eigene Aktien zurückkaufen und diese vernichten. Aktienrückkäufe sind angesichts der guten Liquiditätslage diverser US-Unternehmen durchaus auch 2017 eine Möglichkeit des jeweiligen Managements. Das sind Fragen bzw. Faktoren, die nach dem Ende der US-Präsidentschaftswahl wieder verstärkt in den Vordergrund rücken könnten.

Mögliche Auswirkungen der Wahlen auf die US-Außenpolitik

Wer weiß schon, was Wahlkampf-Getöse und was wirkliche Pläne für eine neue US-Administration sein werden! Einige Hinweise könnten aber Umfragen unter wahlberechtigten Amerikanern geben. Einem Kommentar in der „New York Times“ zufolge unterstützen 64% aller Befragten eine aktive internationale Rolle der USA. Bei den Anhängern von Trump soll dieser Anteil hingegen signifikant niedriger liegen, und zwar bei 51%. Trump selbst hat einige Äußerungen in diese Richtung getan. Militärische Aktionen der USA weltweit sieht er möglicherweise kritischer als Hillary Clinton. Letztlich aber ist es unwahrscheinlich, dass die USA weder unter Clinton noch unter Trump in den nächsten Jahren zentrale außenpolitische Positionen ändern werden, auch in Bezug auf die NATO.

Globalisierung und Einwanderung – die Unterschiede der beiden Kandidaten

Größere Unterschiede hingegen gibt es bei den beiden Kandidaten und ihren Unterstützern im Hinblick auf den Punkt „Einwanderung“ in die USA. Laut einer vom Artikel in der New York Times genannten Umfrage (Quelle: siehe unten) sehen 80% der Trump-Anhänger Einwanderung als kritische Bedrohung für die USA. Bei den Republikanern insgesamt (die nicht zwangsläufig identisch sind mit Trump-Anhängern) liegt dieser Anteil demnach bei 67%. Bei den Unabhängigen wiederum sollen 40% dieser Aussage zustimmen, und bei den Demokraten sind es dem Beitrag zufolge nur 27%. Hier zeigen sich also weitaus größere Unterschiede unter den beiden „Lagern“ (= Clinton-Anhänger versus Trump-Anhänger) als etwa bei außenpolitischen Fragen.
Mehr dazu im lesenswerten Kommentar in der New York Times vom Montag:
Not So Divided After All on Foreign Policy

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Fazit zu Clinton versus Trump

Die Reaktion der Marktteilnehmer auf die Tatsache, dass das FBI im „Email-Verhalten“ von Hillary Clinton keine strafbare Aktion sieht, zeigt meiner Ansicht nach deutlich: Ein Wahlsieg Clintons bei der US-Präsidentschaftswahl wäre für US-Aktien und den US-Dollar klar bullish. Im Gegenzug können wir davon ausgehen, dass bei einem Wahlsieg von Donald Trump oder auch bei einer Hängepartie (unklarer Wahlausgang, dieses Szenario wird kaum erwähnt) US-Aktien und US-Dollar leiden würden = im Kurs abrutschen würden. Wer wird nun gewinnen? A priori ist das unmöglich mit Sicherheit zu bestimmen. In den Medien wird meist ein Sieg von Hillary Clinton als wahrscheinlicher betrachtet. Doch „sicher“ ist das keineswegs. Bei der diesjährigen Wahl wird das Interesse wahrscheinlich wieder auf einigen „Swing-States“ liegen. Das sind US-Bundesstaaten, die nicht klar entweder Republikanern oder Demokraten zugerechnet werden können. Traditionell gehören zu diesen „Swing-States“ Bundesstaaten wie Florida. Und insofern könnte der Wahlausgang in diesen Staaten besonders spannend werden. Es könnte eine lange Wahlnacht werden, und ob es danach möglicherweise zu Anfechtungen des Wahlergebnisses kommen wird, ist auch noch nicht ausgemacht. Voraussichtlich am Mittwoch wissen wir mehr!
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