Doch weniger Firmenpleiten als befürchtet?
Zuletzt aktualisiert & geprüft: 04.06.2021
Seit kurzem gibt es bei der Insolvenzantragspflicht keine Ausnahmen mehr. Überschuldete oder zahlungsunfähige Firmen sind wieder dazu verpflichtet, Insolvenz anzumelden. Aufgrund der ausgesetzten Insolvenzpflicht wurde lange eine Pleitewelle infolge der Corona-Krise befürchtet. Nun sieht es aber so aus, als müssten weniger Unternehmen Insolvenz anmelden als gedacht. Viele Aktien deutscher Unternehmen sind, laut unserem XTB Test, bei XTB handelbar.
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Ein wichtiges Instrument in der Krise waren die Überbrückungshilfen der Bundesregierung. Allerdings kam auch der Aussetzung der Insolvenzantragspflicht für Unternehmen, die vor der Pandemie keine Schwierigkeiten hatte, eine bedeutende Rolle zu. So sollte eine Pleitewelle während der Pandemie verhindert werden.
Nun endete die Regelung am 1. Mai. Die Sorge war hoch, dass es massenweise „Zombie-Firmen“ gibt, die mit staatlichen Geldern am Leben gehalten werden, obwohl sie eigentlich längst pleite sind. Allerdings war die Zahl der gemeldeten Insolvenzen zuletzt auf einem normalen Niveau. Fachleute gehen davon aus, dass es wohl nicht zu einer Pleitewelle in den nächsten Monaten kommen wird.
Dies hat den Hintergrund, dass die Regel nur für Unternehmen galt, denen aufgrund der Corona-Krise eine Überschuldung oder Zahlungsunfähigkeit drohte. Für Unternehmen, die schon vor zwei Jahren in Schwierigkeiten waren, galt die Regel nicht. Regulär muss spätestens drei Wochen nach Beginn des Insolvenzgrundes, beispielsweise Überschuldung oder Zahlungsunfähigkeit, ein Antrag auf Insolvenz gestellt werden. Zwischen März 2020 und September 2020 galt die sogenannte „Insolvenzreife“ nur für Unternehmen, die infolge Pandemie überschuldet waren oder zahlungsunfähig wurden. Im Oktober waren zahlungsunfähige Firmen nicht mehr von der Insolvenzantragspflicht befreit.
Regelung schrittweise zurückgenommen
Überschuldete Unternehmen, die allerdings noch ihre Kreditraten zahlen konnten, waren bis zum 1. Januar von der Insolvenzantragspflicht befreit. Bis Ende April galt die Regel nur noch für Firmen, bei denen noch staatliche Überbrückungshilfen ausstanden. Einige Unternehmen mussten lange warten, bis ihnen die staatlichen Gelder ausgezahlt wurden. Am 1. Mai endeten die Regelungen dann ganz.
Am Auslaufen der Regelung gibt es aber auch Kritik, da noch immer viele Unternehmen von den Auswirkungen der Pandemie betroffen sind. Die Überbrückungsmöglichkeit könnte in den letzten Monaten vielen Unternehmen geholfen haben, die Krise zu überstehen. Die Zahl der Insolvenzen sank 2020 gegenüber 20019 deutlich, was für viele Beobachter eine Überraschung war.
Viele Fachleute gingen von einem Anstieg der Insolvenzen aus, da bei vielen Firmen Liquidität wegfiel. Denkbar ist auch, dass mittelständische Betriebe gar nicht wussten, dass es nicht für alle Unternehmen die Aussetzung der Insolvenzantragspflicht galt. Denkbar sind daher nun sogar Strafen aufgrund von Insolvenzverschleppung.
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Während einige Beobachter das aus ihrer Sicht zu frühe Ende der Aussetzung kritisieren, sehen andere die Verlängerung bis Mai kritisch. Laut dem Gesamtverband der Deutschen Versicherer fehle Transparenz, welcher Betrieb wirklich noch solvent war und welches Unternehmen nur dank staatlicher Zahlungen überleben konnte. Nun könnte aber für einige Unternehmen die Rückkehr zu den normalen marktwirtschaftlichen Regelungen zu früh kommen. Eine Marktbereinigung ist je nach Branche nicht ausgeschlossen.
Im Einzelhandel oder der Reisebranche werden einige Entwicklungen wohl auch nach der Pandemie anhalten. Dazu kommt, dass Homeoffice die Geschäftswelt nachhaltig verändern könnte. Beispielsweise könnte der Trend zum Onlineshopping auch nach der Pandemie weitergehen und Unternehmen könnten auch nach der Pandemie weiter Homeoffice anbieten und zugunsten von virtuellen Meetings auf teure Geschäftsreisen verzichten. Einige Geschäftsmodelle wären dann nicht mehr erfolgreich.
Chancen und Innovationen durch Krise
In einer Krise liegt immer auch eine Chance. Für Innovationen und neue Geschäftsmodelle könnten jetzt genau die richtige Zeit sein. Unternehmen, die aber nicht mit der Zeit gehen und sich gegen Veränderungen stellen, könnten allerdings Schwierigkeiten bekommen. Bisher gibt es allerdings noch keine Zahlen, wie viele Anträge seit Anfang Mai bei den Amtsgerichten eingingen. Die Zahlen müssen je nach Bundesland erst Ende des Monats ans Statistische Landesamt oder andere zuständige Behörden gemeldet werden.
Daher ist derzeit unklar, wie viele Unternehmen aufgrund der Pandemie aufgeben mussten. Denkbar ist, dass es erst nach dem endgültigen Auslaufen der Überbrückungshilfen einen genaueren Überblick gibt. Aktuell haben weltweit über 126 Millionen Menschen ihren Job verloren. Dazu kommt, dass es einen Unterschied zwischen pleite und insolvent gibt, auch wenn dies umgangssprachlich oft gleichgesetzt wird. Ein Insolvenzverfahren muss zudem nicht das Ende bedeuten, sondern kann auch hilfreich sein, um eine Firma zu sanieren und Jobs zu retten.
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Viele Unternehmen konnten die Krise auch nutzen, um neue Geschäftsfelder zu erschließen oder ihr Angebot auszuweiten. Beispielsweise nutzten viele Unternehmen erstmals die Möglichkeiten des Internets, um ihre Waren zu verkaufen. Teilweise wurden auch Angeboten aufgegriffen, die den Unternehmen vor der Pandemie nicht lukrativ erschienen. So konnten aber in den letzten Monaten Einnahmen gesichert werden. Zudem lernten viele Unternehmen, mit Rückschlägen umzugehen und sich flexibler auf Neuerungen einzustellen. Denkbar ist, dass die Erfahrung aus der Pandemie in vielen Unternehmen zu Veränderungen in der Unternehmenskultur führt und viele Neuerungen beibehalten werden.
Unternehmen aus vielen Branchen bemängeln sich jedoch seit Wochen, dass staatliche Hilfen bisher noch nicht bei ihnen angekommen sind. Dazu kommt, dass sich viele Branchen konkretere und einheitliche Öffnungsperspektiven wünschen. Beispielsweise sind in vielen Bundesländern weiter Details, beispielsweise zur erlaubten Teilnehmerzahl bei Veranstaltungen, unklar.
Noch vor wenigen Wochen Pleiten kleinerer Firmen befürchtet
Das Zentrum für Europäische Wirtschaftsforschung (ZEW) ging erst vor wenigen Wochen in einer Studie von einer etwas anderen Ausgangslage aus und rechnete mit Pleiten kleinerer Firmen und Einzelunternehmen in den nächsten Monaten. Die Schwierigkeiten und Folgen könnten nun nach und nach vor allem bei kleineren Betrieben sichtbar werden.
Das ZEW nennt vor allem Branchen, die stark von der Pandemie betroffen sind, wie
- Gastronomie
- Hotelbranche
- Tourismus und
- Bekleidung.
In diesen Branchen könnte die Gefahr für eine Insolvenz besonders hoch sein. Bei dieser Einschätzung stützt sich das ZEW aus Mannheim auf die Analysen von Insolvenzdaten aus den letzten Jahren. In den ersten vier Monaten der Pandemie sank nach den Daten der Forscher die Zahl der Pleiten im Dienstleistungs- und Handelssektor überproportional.
Nun könnten Betriebe mit bis zu zehn Mitarbeitenden, Selbstständige und Freiberufler besonders stark betroffen sein. Unternehmen mit begrenzten Reserven an Bargeld und kaum Sicherheiten für Kredite haben nun ein höheres Insolvenzrisiko. Im Krisenjahr 2020 sank die Zahl der Insolvenzen aber auf ein Rekordtief.
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Die Aussetzung der Insolvenzantragspflicht gab Unternehmen aber dennoch weiter die Möglichkeit, Insolvenz anzumelden. Vor der Befreiung von der Antragspflicht hatten wohl aber vor allem Unternehmen Gebrauch gemacht, die mit ihrem vollständigen Vermögen haften. Nun könnte es einen Rückstau bei diesen Unternehmen geben, die nun doch Insolvenz anmelden müssen. Ähnliches gilt womöglich auch für Unternehmer über 65 Jahre, die kurz vor der Rente stehen.
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Aufgrund der Aussetzung der Insolvenzantragspflicht wurden viele Firmenpleiten befürchtet und vor „Zombie-Firmen“ gewarnt. 2020 lag die Zahl der Insolvenzen aber teilweise auf einem sehr niedrigen Wert. Seit dem 1. Mai gelten die Regeln zur Aussetzung der Insolvenzantragspflicht nicht mehr. Derzeit sieht es aber nicht nach einer Pleitewelle aus.
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Bilderquelle:
- shuttertstock.com