Frauenquote in Deutschland – Was eine Quote in Vorständen für Unternehmen und Gesellschaft bedeuten könnte
Zuletzt aktualisiert & geprüft: 22.12.2020
Seit einigen Jahren wird über eine Frauenquote in Führungspositionen diskutiert. Die Meinungen gehen kontrovers auseinander in der Frage, ob es sinnvoll sein kann für die oberen Führungsebenen von Unternehmen eine Frauenquote durch ein Gesetz verbindlich vorzugeben. Kann eine verbindlich vorgegebene Frauenquote für Deutschland hilfreich sein, um die Frauenquote in Führungspositionen maßgeblich zu erhöhen? Was hätte dies gegebenenfalls für Auswirkungen?
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Das erste „Frauenquote-Gesetz“ in Deutschland, mit welchem eine Frauenquote in Führungspositionen verbindlich vorgegeben wurde, wurde im Jahr 2015 beschlossen. Mit Wirkung zum 1. Januar 2016 wurde für Aufsichtsräte von börsennotierten Unternehmen mit paritätischem Mitbestimmungsrecht im „Gesetz für die gleichberechtigte Teilhabe von Frauen und Männern an Führungspositionen in der Privatwirtschaft und im öffentlichen Dienst (FüPoG)“ erstmals eine verbindliche Frauenquote in Höhe von 30 Prozent gesetzlich vorgeschrieben. Ziel des Gesetzes war es, den Anteil von Frauen in Führungspositionen sowohl im privaten als auch im öffentlichen Sektor zu erhöhen.
In dem „Frauenquote-Gesetz“ sind regelmäßige Berichtspflichten der Bundesregierung verankert. So zeigt der „Bericht der Bundesregierung über den Frauen- und Männeranteil in Führungsebenen und in Gremien der Privatwirtschaft und des öffentlichen Dienstes“ vom 10.8.2017, dass die Frauenquote in Aufsichtsräten Wirkung zeigt. Auch einer Studie von „Frauen in die Aufsichtsräte e.V.“ zufolge, ist der Anteil von Frauen in Aufsichtsräten von 21 Prozent im Jahr 2015 auf 35 Prozent im Jahr 2019 gestiegen. In Unternehmen, die nicht unter die Frauenquote fallen, liegt der Frauenanteil in den Aufsichtsräten aktuell bei lediglich knapp 23 Prozent. Zudem setzten sich die Unternehmen, die unter die feste Frauenquote fallen, auch für die unteren Führungsebenen ambitioniertere Ziele als die übrigen Unternehmen.
Der o.g. Bericht der Bundesregierung zeigt jedoch auch, dass Frauen auf der Vorstandsebene nach wie vor unterrepräsentiert sind. Dem Vorstand kommt in Unternehmen eine herausragende Rolle zu, da er das operative Leitungsorgan in Unternehmen ist. Für die Besetzung von Vorständen mussten die Unternehmen nach den Vorgaben des FüPoG lediglich Zielgrößen für eine gleichberechtigte Besetzung des Vorstandes angeben ohne dass für diese Zielgrößen eine verbindliche Vorgabe existierte. Innerhalb der ersten Frist bis zum 30. Juni 2017 hatten sich nur wenige Unternehmen das Ziel gesetzt, überhaupt eine Frau für den Vorstand zu gewinnen. Rund 70 Prozent der vom Gesetz betroffenen Unternehmen gaben auch in den nachfolgenden Zeiträumen als Zielgröße Null Prozent an ohne hierfür irgendeine Art der Sanktionierung fürchten zu müssen. Entsprechend stellt der Bericht der Bundesregierung fest, dass sich auf dieser Ebene bis heute wenig bewegt hat.
Ein unabhängiges Evaluationsgutachten zur Wirksamkeit des FüPoG der Kienbaum Consultants International GmbH stellt dar, dass der Frauenanteil in Vorständen der vom Gesetz betroffenen Unternehmen aktuell bei lediglich 7,6 Prozent liegt. Eine Untersuchung der All-Bright-Stiftung zeigt, dass die Anzahl an Frauen in den Vorständen der DAX-Unternehmen im Jahr 2020 sogar von 29 auf 23 Frauen gesunken ist. In allen 30 DAX-Unternehmen liegt der Frauenanteil im Vorstand im Jahr 2020 bei unter 30 Prozent.
Dieser Ungleichheit der Geschlechterverteilung in den Vorständen will das Zweite Führungspositionen-Gesetz (FüPoG II) nun begegnen, das aktuell als Entwurf vorliegt und zeitnah im Kabinett beschlossen werden soll. Es sieht für Vorstände börsennotierter und paritätisch mitbestimmter Unternehmen eine verbindliche Mindestbeteiligung von einer Frau in Vorständen ab vier Mitgliedern und Sanktionsmöglichkeiten bei Nichteinhaltung der Frauenquote durch die betroffenen Unternehmen vor. Zudem ist verpflichtend eine sehr genaue Begründung abzugeben, wenn ein Unternehmen für den Aufsichtsrat oder den Vorstand die Zielgröße 0 Prozent festsetzt.
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Doch weshalb benötigt Deutschland im 21. Jahrhundert eine Frauenquote, die durch ein Gesetz vorgegeben wird? Kann eine Frauenquote der ungleichen Verteilung in deutschen Vorständen entgegen wirken? Eine fachliche Begründung, für die männerdominierten Führungsetagen in Unternehmen gibt es nicht. Frauen sind heutzutage weder weniger (aus-)gebildet oder qualifiziert noch fehlt es ihnen an Führungskompetenz oder Führungswillen. Seit vielen Jahren steigt die Qualifikation der Frauen in Deutschland kontinuierlich an. Es ist davon auszugehen, dass die Generation Z (Geburtsjahrgang zwischen 1997 und 2012) mehr hochqualifizierte Frauen hervorbringen wird, die gleichzeitig das Selbstbewusstsein und den Ehrgeiz haben, Führungspositionen einzunehmen als je zuvor.
Die Gründe für den geringen Frauenanteil in Führungspositionen liegen offensichtlich in den gesellschaftlichen Rahmenbedingungen sowie (oftmals unbewussten) Denkmustern, die sich hartnäckig halten. In diesem Phänomen zeigt sich, dass unsere Gesellschaft in ihrem Denken weniger modern ist als es in vielen anderen Bereichen scheint. Das alte Rollenmodell der Frau als Mutter und Housekeeperin wurde in der zweiten Hälfte des vergangenen Jahrhunderts zwar nach und nach aufgebrochen. Vollständig aufgelöst hat es sich aber mitnichten.
Kinder und Erziehung weiterhin zum überwiegenden Teil Frauensache
Auch wenn die meisten Männer der Generation Y und Z das alte Rollenmodel der Frau als Hausfrau und Mutter nicht mehr als zeitgemäß bewerten und es schon gar nicht als ein für die eigene Beziehung geeignetes Modell ansehen, sind es doch bei weitem mehr Frauen, die den längeren Teil der Elternzeit in Anspruch nehmen. Tatsächlich gehen in Deutschland etwa 80 Prozent der berufstätigen Väter nur zwei Monate in Elternzeit. Gleichzeitig ist es die Generation Y, die neue Familienmodelle bei der Gesellschaft im Allgemeinen, aber auch bei ihren Arbeitgebern einfordert. Eine gleichberechtigte Verteilung von Erziehungs- und Hausarbeit würde der größere Teil dieser Generation als sinnvoll bewerten. Die Umsetzung scheint dennoch ein mühsamer Prozess zu sein.
Für die Vereinbarkeit von Familie und Beruf ist die Möglichkeit der Teilzeitbeschäftigung grundsätzlich ein sinnvolles Mittel. Ähnlich wie bei der Inanspruchnahme von Elternzeit besteht jedoch der weitaus größere Teil der Teilzeitbeschäftigten aus Frauen. Auch hierfür gibt es keinen sachlichen Grund: Nach der Stillzeit eignen sich Mann und Frau gleichermaßen für die Erziehungsarbeit.
Eltern- und ggf. Erziehungszeiten sowie darauffolgende mehrjährige Teilzeitbeschäftigung stellen Unterbrechungen dar, die die Lebensläufe der Frauen mit einem „Knick“ versehen. Sie erschweren eine geradlinige Karriere und den Aufstieg in Führungspositionen. Eine verbindliche Frauenquote in Führungspositionen durch ein „Frauenquote-Gesetz“ kann ein Weg sein, diese gesellschaftlich weiterhin bestehenden Muster aufzubrechen.
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Ob Frauen in Führungspositionen befördert werden und dort akzeptiert und respektiert werden, hängt – ohne eine Frauenquote für Führungspositionen – zu einem großen Anteil von der Einstellung der bereits in den Führungspositionen befindlichen Personen ab. Denkmuster speisen sich aus Erfahrungen und der Gewohnheit. Möglicherweise müssen manche Männer (und auch Frauen) ihre durch eine konservative Erziehung geprägte Haltung hinterfragen und wenn nötig an einer Veränderung derselben arbeiten. Hierfür kann eine gezwungene Vorgabe einer Frauenquote in Führungspositionen über ein „Frauenquote-Gesetz“ ein Anlass sein. Dann ist es möglich, das volle Potenzial von Männern wie Frauen zu nutzen.
Eine Frauenquote für Vorstände nimmt den zum größeren Teil männlichen Entscheidern in Unternehmen für einen gewissen Anteil der Positionen bezogen auf das Geschlecht die Wahlmöglichkeit: Jede 4. Stelle wird in den betroffenen Unternehmen zukünftig ab einer Anzahl von vier Personen im Vorstand mit einer Frau zu besetzen sein. Das „Frauenquote-Gesetz“ ermöglicht den Frauen, zu zeigen, dass sie nicht weniger fähig sind zu führen als Männer – dass sie dies möglicherweise aber auf eine andere Weise tun. Es besteht die Chance, dass ein Umdenken in den Unternehmen und langfristig in der Gesellschaft stattfindet, das Frauen als Führungskräfte gar nicht mehr in Frage stellt.
Führung in Teilzeit und weitere Änderungen der Rahmenbedingungen durch ein „Frauenquote-Gesetz“
Auf der einen Seite ist es möglich, dass eine verbindliche Frauenquote in Deutschland, speziell in Vorständen dazu beiträgt, dass eine gleichwertige Inanspruchnahme von Teilzeitbeschäftigung unter Männern und Frauen sowohl innerhalb der Unternehmen als auch in der gesamten Gesellschaft Normalität wird.
Doch eine verbindliche Frauenquote in Deutschland wird zwangsläufig zu weiteren Veränderungen in der Gesellschaft führen. Die Rahmenbedingungen werden so angepasst werden müssen, dass Führung in Teilzeit für Frauen wie für Männer nach und nach flächendeckend möglich wird. Hierfür bieten einige wenige Unternehmen bereits herausragende Modelle.
Es ist davon auszugehen, dass sich in ausreichender Zahl qualifizierte Frauen für die hohen Führungspositionen finden werden. Um die neuen Lebenswelten abbilden zu können, die aus einer zunehmenden Zahl von Frauen in hochverantwortlichen Positionen der deutschen Wirtschaft bestehen, muss sich die Arbeitswelt auch dahingehend ändern, dass Männer bei der Übernahme von familiären Pflichten zulasten des Jobs nicht mit negativen Reaktionen rechnen müssen. Beispielsweise muss die Akzeptanz dafür, dass Männer bei Krankheit des Kindes zu Hause bleiben und/ oder im Home Office arbeiten, erheblich ansteigen. Ansonsten würde ein Modell, in dem Frauen und Männer langfristig gleichberechtigt und vor allem in gleichem Maße Führungspositionen innehaben, gesamtgesellschaftlich nicht funktionieren.
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Es ist davon auszugehen, dass der Anstieg von Frauen in den Top-Management-Ebenen die Unternehmenskulturen in Deutschland auf lange Sicht verändern wird. Beispielhaft seien die folgenden Charakteristika von Frauen genannt, die sie oftmals von ihren männlichen Kollegen unterscheiden. Dabei sei vorangestellt, dass es sich hier nur um pauschale Aussagen handeln kann, die nicht auf jede Frau (und im Umkehrschluss jeden Mann) zutreffen.
Es ist aus den folgenden Gründen anzunehmen, dass Frauen anders führen als Männer:
- Frauen legen mehr Wert auf Kommunikation.
- Frauen haben ein größeres Einfühlungsvermögen.
- Frauen gehen anders an die Lösung von Problemen heran als Männer.
- In Bezug auf Führungspositionen im Finanz(dienstleistungs)bereich: Frauen haben
nachgewiesenermaßen eine intuitivere, weniger emotionale Herangehensweise an die Börse.
Eine Diversifikation bezüglich des Geschlechts wie auch anderen Parametern kann zu einer Bereicherung von Unternehmenskulturen führen. Durch eine Frauenquote könnten männerdominierte Führungsetagen im Vergleich zu paritätisch besetzten Führungsebenen zukünftig auf lange Sicht Nachteile erfahren, weil sie auf die oben dargestellten Potenziale, die sich aus der Zusammenarbeit mit Frauen ergeben, verzichten. Damit Unternehmen von der aus der Geschlechtervielfalt in Führungspositionen resultierenden Diversifikation profitieren können, ist es wichtig, dass Frauen ihre weiblichen, intuitiven, zum Teil auch emotionalen Eigenschaften beibehalten. Sich männliche Eigenschaften anzueignen, um als Führungskraft akzeptiert zu werden, führte die Unternehmenslandschaft und uns als Gesellschaft nicht zu der gewünschten Diversifikation.
Letztlich ist eine durch ein „Frauenquote-Gesetz“ vorgegebene Frauenquote in Führungspositionen ein Instrument, um die auch im 21. Jahrhundert noch bestehende Ungleichheit zwischen den Geschlechtern in TOP-Positionen mit TOP-Gehältern zu durchbrechen. Die tatsächliche exakte Verteilung zwischen Frauen und Männern ist dabei weniger maßgeblich für den Unternehmenserfolg. Die aktuellen Zahlen legen aber nahe, dass verbindliche Vorgaben notwendig sind, um die bestehende Ungleichheit zu durchbrechen. Doch wie beispielhaft aufgezeigt wurde, muss sich die Gesellschaft hierfür noch maßgeblich weiter entwickeln. Sie muss sich einer Realität anpassen, die zahlreichen hochqualifizierten Frauen die Möglichkeit für Führungspositionen geben wird.
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Mit der Einführung einer Frauenquote für Aufsichtsräte hat sich gezeigt, dass eine Frauenquote in Führungspositionen einen Beitrag leisten kann, um sich weg von den männerdominierten Führungsebenen hin zu einer ausgewogeneren Verteilung der Geschlechter zu bewegen. Entsprechend ist zu erwarten, dass auch eine Frauenquote in Vorständen Wirkung zeigen wird. Die Verpflichtung der betroffenen Unternehmen, eine bestimmte Frauenquote in Deutschland einhalten zu müssen, wird ganz simpel die Anzahl der Frauen in Führungspositionen erhöhen.
Dies allein dürfte ein Umdenken in der Gesellschaft anstoßen, das bewirkt, dass Frauen irgendwann als ein ganz selbstverständlicher und nicht weg zu denkender Teil der Führungsebenen von Unternehmen angesehen werden. Die Frauenquote wird eine veränderte Einstellung der jetzt und zukünftig Heranwachsenden mit sich bringen: Kinder, die ihre Mütter als Führungskräfte erleben, werden ihr eigenes Familienleben nicht mehr automatisch auf die konservative Art und Weise führen, wie wir es heute noch so häufig erleben. Die Tatsache, dass eine verbindliche Frauenquote in Deutschland einzuhalten sein wird und damit sukzessive mehr Frauen in Führungspositionen arbeiten werden, wird weitere Veränderungen von den gesellschaftlichen Rahmenbedingungen einfordern. Der weitere Ausbau von Kinderbetreuungsplätzen oder Angeboten für Väter mit ihren Kindern sind hier nur Beispiele.
Durch eine Frauenquote in Führungspositionen kann ein positiver Einfluss auf die Unternehmenskulturen erwartet werden. Nach und nach könnten Männer und Frauen auch in der Arbeitswelt als gleichermaßen verantwortlich für Familie und Kinder angesehen werden. Was wäre, wenn die Frauenquote Deutschland dazu bewegen könnte, Strukturen aufzubauen, die die Familienleben und Unternehmenskulturen von Grund auf aufrütteln? Ein „Frauenquote-Gesetz“, wie das FüPoG, mag von einigen Unternehmen als unnötiger Zwang angesehen werden. Obwohl Zwang selten ein gutes Mittel darstellt, zeigen die vergangenen Jahre, dass eine verbindliche Frauenquote in Führungspositionen doch notwendig ist, um ein Umdenken zu generieren. Die nächsten Jahre werden zeigen, was die Frauenquote in Deutschland als Gesellschaft bewirken wird. Es liegen interessante wirtschaftliche wie auch gesamtgesellschaftliche Entwicklungen vor uns.
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