WallStreetBets – wie ein Aktien Hype den Markt bewegt
Zuletzt aktualisiert & geprüft: 08.03.2021
Im Januar geriet eine Gruppe von Kleinanlegern auf Reddit in die Schlagzeilen. In einer konzertierten Aktion sorgten die Nutzer der Gruppe Reddit WallStreetBets dafür, dass der Kurs der bis dahin wenig beachteten Aktien des Spiele-Händlers GameStop in die Höhe schoss – angesichts der tatsächlichen finanziellen Lage des Unternehmens vorher kaum vorstellbar. Der Ansturm auf den Handel mit der GameStop Aktie sorgte für Ausfälle der Handelssysteme bei mehreren Brokern und führte zu einem Aussetzen des Handels zumindest für den betroffenen Wert unter anderem bei Robinhood. Einige der Teilnehmer von WallStreetBets machten gute Gewinne, es ging jedoch um sehr viel mehr. Denn die Aktion deckte die Strategien großer Hedgefonds auf und stellt Teile des Finanzsystems in Frage.
- WallStreetBets koordiniert die Schwarmintelligenz der Kleinanleger
- Geplante Aktion im Handel mit GameStop Aktie
- Schwachstellen des Finanzsystems werden aufgedeckt
- Wie geht es weiter mit r/WallStreetBets?
Was ist passiert? r/WallStreetBets macht Schlagzeilen
Warum hat sich WallStreetBets so enorm auswirken können, und was genau ist geschehen? Eine verblüffende Konfrontation, bei der sich ein Grüppchen von Kleinanlegern auf Reddit WallStreetBets gewissermaßen wie ein neuzeitlicher David gegen den Goliath der Hedgefonds positioniert hat – mit Erfolg. Mit abgesprochenem Vorgehen verursachten die Teilnehmer des Forums einen sogenannten Short Squeeze, der manche Hedgefonds die Hälfte ihres Kapitals kostete.
Möglich ist das, weil eine immer weiter steigende Zahl von Online-Brokern den Handel regelrecht demokratisiert. Ganz normale Anleger können eigenständig Märkte ihrer Wahl handeln. Während der langen Lockdown-Zeiten stieg das ohnehin schon rege Interesse an den Aktienmärkten und am außerbörslichen Handel nochmals. Viele Privatanleger nutzten den Leerlauf, um sich neue Aktivitäten und mögliches Einkommen zu erschließen. Dabei gerieten sie den Hedgefonds ins Gehege.
Robinhood: Dem Namen gerechter als geplant
Broker mit besonders geringen Handelskosten wie Robinhood und Trade Republic wollen den Handel für ihre Kunden demokratisieren. Das gelang besser als ursprünglich gedacht, denn die Teilnehmer auf r/WallStreetBets nahmen eine ganz besondere Strategie der Hochfinanz aufs Korn, das sogenannte Shortselling. Praktiziert wird dies in der Regel von den Investmentspezialisten der Hedgefonds.
Der Ablauf: Hedgefonds verkaufen gegen eine Leihgebühr an den Halter Aktien, ohne diese zu besitzen. Dabei wird darauf spekuliert, dass man diese Titel in nicht allzu ferner Zukunft zurückkaufen kann, und zwar noch preisgünstiger. Der Gewinn entsteht aus dieser Differenz, wird in großem Stil Shortselling praktiziert, lassen sich damit Millionen oder sogar Milliarden verdienen. Objekt der Spekulation sind gern Aktien von Unternehmen, die als auf dem absteigenden Ast wahrgenommen werden. Oft geht die Annahme auf, doch wenn die Leerverkäufe nicht von fallenden Kursen gefolgt sind, ist der Hedgefonds in der Bredouille. Dann nämlich hat man definitiv Aktien zu wenig, um diese Positionen aber glattstellen zu können, muss man teuer kaufen – vorausgesetzt, das Angebot kann die Nachfrage decken.
Das ist bei steigenden Kursen jedoch nicht der Fall, denn diese verursachen einen weiteren Anstieg der Nachfrage und befeuern wiederum Kurszunahmen … und so weiter. So geschehen bei GameStop, die Nachfrage ließ die Handelsplattformen bekannter Broker komplett zusammenbrechen.
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Dass die Wahl für die Leerverkäufe ausgerechnet auf GameStop fiel, ist wenig überraschend. Die Aktie dümpelte ohnehin schon seit Jahren auf niedrigstem Niveau, und das dahinter stehende Unternehmen hat den Sprung in die Moderne bislang verpasst. GameStop verkauft in seinen Ladengeschäften Videospiele. In den achtziger Jahren war das aufregend innovativ – vierzig Jahre später gibt es ausgefeilt realistische Spiele komplett aus der Cloud. GameStop hat also längst aufgehört, sich zu lohnen.
Eine Digitalisierung des Geschäfts hätte natürlich eine Lösung sein können, auf diesen Zug ist man aber nie aufgesprungen. Erstaunlich ist dabei, dass es GameStop überhaupt noch gibt. Die internationale Kette ist in den vergangenen Jahren erheblich geschrumpft, hat Läden geschlossen und Standorte aufgegeben. Selbst die treuesten Langzeitkunden brachen dem Unternehmen weg. Schon vor Corona stand es nicht gut um GameStop – derartige Unternehmen suchen sich die Spekulanten für Leerverkäufe dann auch heraus. In dem Glauben an sichere Gewinne stiegen die Leerverkäufe der Aktie auf die gewaltige Menge von 142% an, dabei wurden Milliarden riskiert.
Es hätte alles so gut laufen können – wenn die Anleger von WallStreetBets nicht in kürzester Zeit eine atemberaubende Trendumkehr und Kursanstiege auf bis zu 350 US Dollar je Aktie erzwungen hätten.
Finanzaktivismus der neuen Generation
Für diese dramatische Welle brauchte es nicht einmal viel Startkapital des Einzelnen. Broker wie Robinhood zeichnen sich dadurch aus, dass sie mit ihren extrem günstigen Gebühren Finanzaktivisten eine Plattform bieten, auch wenn diese nur über begrenztes Kapital verfügen. Experten nehmen inzwischen an, dass derartige Kleinanleger bereits für ein Fünftel des gesamten Handelsvolumens aufkommen.
Bei einer Absprache des Vorgehens macht es dann die Masse, selbst wenn der einzelne Trader nur wenige Dollar investieren kann. Der Erfolg dieser Strategie hat ein regelrechtes Erdbeben an der Wall Street verursacht und privaten Anlegern weltweit, aber auch Regulatoren und Politikern, die Augen geöffnet. Dass viele Trader tagelang aufgrund einer Sperre nicht auf ihre Handelskonten zugreifen konnten und interessierte Nutzergruppen in sozialen Medien komplett gesperrt wurden, hat die Situation auch nicht gerade entspannt. Die Finanzaktivisten werden sich weitere Felder für ihre Betätigung suchen. Das geschieht nicht ohne Plan – ausgewählt werden in der Regel Aktien, auf die bereits erhebliche Leerverkäufe getätigt wurden.
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Dass sich auf Reddit WallStreetBets formiert hat, ist nur ein Beispiel dafür, was gerade bei jungen, interessierten Anlegern abläuft. Auch auf sozialen Medien und natürlich über Social Trading Plattformen finden Kleinanleger zusammen, die jung und oft gut ausgebildet sind, sich mühelos im Netz zurechtfinden und sich die Grundlagen des Finanzwissens rasch aneignen oder sie sogar schon mitbringen.
Angesichts der Situation, in der genau diese Nutzergruppe steckt, ist das Interesse am börslichen und außerbörslichen Handel nicht weiter erstaunlich. In Unternehmen, die angemessene Gehälter zahlen, kommen die wenigsten von ihnen unter, und konventionelle Vermögensbildung funktioniert aufgrund der anhaltenden Niedrigzinsen ohnehin seit Jahren nicht mehr. Gerade diese Zielgruppe sprechen Neobroker wie Robinhood mit ihren Angeboten an.
Schlagen sich Broker auf die Seite des Kapitals?
Für die Hedgefonds entwickelte sich der Hype um GameStop zu einer mittleren Katastrophe, manche von ihnen machten durch den konzertierten Short Squeeze Milliardenverluste, und das trotz des Eingreifens der Broker – viele Anbieter setzten den Handel mit der GameStop Aktie aus, zum Teil für Tage. Begründet wurde dies mit einer befürchteten Überlastung der eigenen Handelssysteme.
Die Anleger wittern hingegen eine Absprache mit den Hedgefonds, und sie sind mit ihrem Verdacht nicht allein. Die Anbieter, allen voran Robinhood, aber auch die Hedgefonds müssen sich nun eine genauere Untersuchung durch Finanzaufsichtsbehörden und die Staatsanwaltschaft gefallen lassen.
Kritisiert wird unter anderem eine ungleiche Behandlung, indem man Kleinanleger von finanziellen Strategien regelrecht aussperrt, die beim Großkapital längst zum Alltag gehören. Damit wurde die inhärente Ungleichheit nicht nur an der Wall Street aufgedeckt, was sicherlich eines der Ziele der Aktivisten war. Die Folge: Sammelklagen gegen die Broker und tausende von Nutzerbeschwerden bei den Aufsichtsbehörden schon am ersten Tag.
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Neben den Staatsanwaltschaften einzelner Bundesstaaten befasst sich auch die US-amerikanische Börsenaufsicht mit dem GameStop Short Squeeze. Der Verdacht auf Marktmanipulation steht noch immer im Raum und könnte den ausgesperrten Anlegern erhebliche Ansprüche auf Schadenersatz sichern. Schadensbegrenzung ist ohnehin dringend erforderlich, damit private und institutionelle Anleger gleichermaßen nicht ihr Vertrauen in die Börsen als sichere Handelsumgebung verlieren.
Doch auch r/WallStreetBets muss sich den prüfenden Blick der Behörden gefallen lassen, mit eben diesem Vorwurf. Reddit ging der Frage nach, ob im Forum WallStreetBets auch „falsche“ Nutzer und Bots unterwegs gewesen seien, um die GameStop Aktie künstlich hochzuputschen.
Doch Reddit weist nach der Prüfung der Aktivitäten den Vorwurf von sich, die Vorgänge und auch die Moderation hätten innerhalb der „normalen Parameter“ gelegen. Vertreter von Hedgefonds hatten behauptet, bis zu 97% der relevanten Beiträge seien durch Bots zustande gekommen. Auch die Presseberichte wollen sich die Teilnehmer bei WallStreetBets nicht gefallen lassen. Die reißerische Berichterstattung hatte von „gefährlichen Flashmobs“ gesprochen und es unterlassen, Leser darüber zu informieren, wie normal die Strategie der Leerverkäufe – samt den inhärenten Risiken – für Hedgefonds ist.
An der Börse sind längst nicht alle gleich
Man muss WallStreetBets zugute halten, dass am Beispiel GameStop aufgedeckt wurde, wie die Gewichtung an den Kapitalmärkte tatsächlich aussieht. Anleger und Aktionäre kommen ins Nachdenken, zieht das Phänomen weitere Kreise, kann das dazu führen, dass sich private Anleger von den Kapitalmärkten abwenden. Auch der Senat der Vereinigten Staaten wird sich intensiver mit der Frage um den Short Squeeze bei GameStop befassen müssen, um die Frage zu klären, wie groß die Schieflage des Einflusses an den Finanzmärkten ist. Letztlich kann man hoffen, dass die Aktionen von WallStreetBets für mehr Transparenz bei den Big Playern sorgen und für eine bessere, vor allem für eine gerechtere Regulierung.
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Neben der Frage, wer was ausgelöst hat und warum, bewegt Anleger nun natürlich auch, welche nächste große Welle durch WallStreetBets – oder ähnliche Anlegergruppen – ausgelöst werden könnten. Potenzial bieten grundsätzlich Werte im Niedergang, wie GameStop oder die britische Kinokette AMC. Debattiert werden als in Frage kommende Werte nun Clean Power Capital, ein Konzern, der sich im Bereich der Wasserstofftankstellen betätigt, aber auch Silber und Gold finden als Kandidaten für einen Squeeze Beachtung.
Das wird auch ein zweites, drittes und viertes Mal funktionieren, solange im Vorfeld keine Informationen aus einem Kreis von Anlegern nach draußen sickern – immer vorausgesetzt natürlich, dass sich die großen Hedgefonds weiterhin stark bei Leerverkäufen engagieren. Das tun allerdings nicht alle. So hatten andere Hedgefonds sich für eine direkte Investition in die GameStop Aktie entschieden, als die Anteilsscheine noch 10 US Dollar kosteten, und durch die Aktivitäten des Robinhood-Flashmobs gute Gewinne erzielt.
Was wird aus der GameStop Aktie?
Über der Debatte um Abläufe beim Handel, um Gleich- oder Ungleichbehandlung von Anlegern und mögliche neue regulatorische Auflagen ist in den vergangenen Wochen fast schon wieder vergessen worden, dass hinter dem Hype tatsächlich ein Unternehmen steht. Was macht GameStop jetzt? Die Aktie, die im vergangenen Jahr für wenig mehr als 2 US Dollar in Umlauf war, hat sich natürlich nicht auf dem zeitweisen Höchststand von 483 US Dollar halten können und fiel noch im Februar teils bis auf 40 US Dollar. Inzwischen hat sich der Anteilsschein jedoch wieder erholt und notiert am 6. März 2021 bei knapp über 137 US Dollar.
Das ist noch immer beachtlich, auch wenn der Marktwert des Unternehmens jetzt weniger aufgebläht ist. GameStop möchte angesichts der „Wiederbelebung“ nun sein Geschäftsmodell überdenken und doch noch an der Digitalisierung arbeiten, um jüngere Kunden mit vollkommen anderen Gewohnheiten anzuziehen. Wie weit das gelingt, bleibt erst einmal abzuwarten. Bis dahin muss man die GameStop Aktie noch als volatil bewerten und kann keine wirkliche Kaufempfehlung aussprechen.
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Die Kleinanleger von WallStreetBets und solche, die ihnen nacheifern, haben noch nicht das letzte Wort gesprochen. Vermeintliche „Geheimtipps“ für den nächsten Short Squeeze kursieren schon online. Dabei sollte man allerdings im Auge behalten, dass genau die Aktien, die in Frage kämen, besonderen Risiken unterworfen sind. Außerhalb einer abgesprochenen Aktion wie im Fall von GameStop ist das ein Rezept für ein Desaster. Eine Direktinvestition ist daher eher nicht zu empfehlen. Anders sieht es aus, wenn man sich die Kursentwicklung mithilfe von Derivaten zunutze machen will.
Das ist auch für private Anleger möglich, beispielsweise mit Differenzkontrakten. Die einfach konstruierten Kontrakte sind relativ gut verständlich, Anleger können selbst entscheiden, welchen Ein- und Ausstiegsszeitpunkt sie wählen, und haben überdies die Freiheit, auch auf fallende Kursentwicklungen Positionen zu eröffnen. Da man das eingesetzte Eigenkapital mit Hebeln, einer Kreditlinie des Brokers, erhöhen kann, sind die Renditen auch mit geringem Startkapital oft recht gut.
Für den Einstieg ins CFD-Trading empfehlen Experten allerdings die Auswahl eines vertrauenswürdigen Brokers – nicht immer sind Anbieter mit 0 Euro Handelskosten hier die beste Wahl. Ausschlaggebend sind eher eine seriöse Regulierung, überzeugende Kostenstrukturen und für Einsteiger vor allem die Möglichkeit, Schulungsmaterialien für die Vorbereitung auf den Echtgeldhandel zu nutzen. Der Brokervergleich sorgt für einen Überblick über die führenden CFD-Broker, bei denen Preis und Leistung stimmen und die Kundenbetreuung gut ausfällt.
Fazit: r/WallStreetBets wird wohl noch von sich reden machen
Der GameStop Hype ist überstanden und die Aufregung um den Short Squeeze der Nutzer im Reddit-Forum WallStreetBets hat sich ein wenig gelegt. Auch die GameStop Aktie scheint in eine neue Normalität zu finden. Das der Flashmob über Robinhood zwar der erste, aber nicht der letzte dieser Art war, davon kann man ausgehen. Denn die Hedgefonds werden weiterhin der Versuchung nachgeben, mit Leerverkäufen in großem Stil vom Handel mit geliehenen Aktien zu profitieren.
Veränderungen in den Strukturen der Finanzwelt werden wohl nicht ausbleiben, wenn das Vertrauen der Anleger in die Börsen nicht leiden soll. Einstweilen bleibt nur, vor unüberlegten Direktinvestitionen in Aktien zu warnen, die als Kandidaten für einen neuen Hype gehandelt werden. Die kurzfristige Gewinnmitnahme auch bei volatilen Werten ermöglichen Differenzkontrakte, für die man den Basiswert nicht einmal kaufen muss. Einsteiger finden den Zugang zum Handel am ehesten über die Angebote und Schulungsmöglichkeiten eines seriösen CFD-Brokers.
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